Die Medienberichterstattung der letzten Tage befasst sich mit der Rückkehr der Euro-Krise - dies würde aber voraussetzen, dass
sie jemals weg gewesen wäre. Das war sie aber nie.
Es war eine Illusion zu glauben, dass die Liquiditätsschwemme der EZB die Finanzmärkte längere Zeit besänftigen könnte. Die
"beruhigende" Wirkung der letzten 1.000 Milliarden Euro teuren Transaktion hätte nach dem Willen der Zentralbank sogar 3 Jahre anhalten sollen. An den Finanzmärkten ist man sich weitgehend einig:
Die Liquidität ist versickert, die fundamentalen Probleme der Euro-Zone sind ungelöst, die Kluft zwischen Kern-Europa und den Peripheriestaaten nimmt weiter zu und radikale Randgruppen gewinnen
zunehmend Stimmen in der Bevölkerung.
Auf meinen letzten Reisen im Ausland wurde ich wiederholt von ausländischen Geschäftspartnern darauf angesprochen, warum eine
derart schwachsinnige Politik in Europa betrieben wird, die ursprünglich gesunde Volkswirtschaften in ausweglose Stress- und Überschuldungssituationen treibt.
"Du kannst den Hintern schminken wie du willst, es wird nie ein ordentliches Gesicht daraus."
(Georg Christoph Lichtenberg)
Die Politik versucht, mit viel Schminke die Konstruktionsfehler der Währungsunion zu übertünchen, ohne jedoch die Ursachen zu
beseitigen. Der Point of No Return ist zwischenzeitlich überschritten und der Euro hat sich zum Spaltpilz Europas entwickelt. Die europäische Schuldenkrise ist gepaart mit einem aufgeblähten und
hoch gehebelten Finanzsektor, dessen kaum vorhandene Eigenkapitalbasis niemals einen handfesten Sturm übersteht. So fließen alle Rettungsgelder, egal ob für Griechenland, Portugal und vermutlich
bald auch für Spanien über kurze Umwege unmittelbar in die gestressten Bankbilanzen. Gleichzeitig werden die Anlagekriterien für den Finanz- und Versicherungssektor (Basel III / Solvency II), so
ausformuliert, dass die Institute faktisch gezwungen sind, "sichere" Staatsanleihen zu kaufen, die sie vermutlich in nicht ferner Zukunft wieder abschreiben müssen. Ein
Teufelskreis.
Zudem ist der falsche Eindruck entstanden, die Banken befänden sich auf dem Weg der Besserung. Der beste Gradmesser dafür zeigt
ein eindeutiges Bild: Die Banken trauen sich gegenseitig nicht über den Weg und leihen sich untereinander kein Geld.
Die Notenpresse soll es richten
Die Zementierung der Schicksalsgemeinschaft zwischen Staaten und Banken hat aber auch sonst noch unappetitliche Nebeneffekte,
denn die Art der Bankenrettung ist der eigentliche Skandal. Anstatt die (Alt-)Aktionäre zu verpflichten, das notwendige Eigenkapital bereit zu stellen, bekommen die Banken nahezu zinslos Kredit
und zocken weiter (siehe aktuell JP Morgan). Der richtige Weg wäre die Übernahme von jungen Aktien (zu nahe Null) durch den Staat gewesen, um den Steuerzahler im Falle einer möglichen späteren
Überwindung der Bankenkrise an den zukünftigen Erträgen zu beteiligen. Gleichzeitig wären die Anteile der Altaktionäre in Bezug auf Einfluss und Substanz abgewertet worden.
Die Wahlen in Frankreich und Griechenland waren eine Ohrfeige. Erste Reaktion: Das Spardiktat in
Europa wird aufgehoben und die Notenpresse wieder angeworfen – Wachstum heißt das Zauberwort.
Anhand der nachfolgenden Formel zur Berechnung der Schuldenquote können sie sich ein eigenes Bild davon machen, wohin die Reise
geht.
Die Schuldenquote eines Staates ist das Verhältnis von absolutem Schuldenstand zu seinem realen Bruttosozialprodukt
multipliziert mit dem Preis.
Um einen Staatshaushalt zu konsolidieren, kann nur an diesen drei Stellschrauben gedreht werden, d.h. im
Einzelnen:
Schuldenabbau (durch Sparen oder
Steuererhöhungen)
Haushaltsdisziplin im rezessiven Umfeld kaum durchsetzbar, Steuererhöhungen werden
sukzessive kommen
Schuldenschnitt / Staatsbankrott
Der Schuldenschnitt wird in einigen Ländern der Eurozone unvermeidlich sein,
löst aber nicht die strukturellen Probleme der betroffenen Länder
Wirtschaftswachstum
Mangelnde Wettbewerbsfähigkeit (Ausnahme: Deutschland) und demographische
Entwicklung sprechen gegen hohes Wachstum in der Eurozone
Inflationierung
Aufkauf von Staatsanleihen durch die EZB und quasi unlimitierte Refinanzierung
der Banken erhöht die Geldmenge und damit die Inflationsrisiken
Neben Repressalien wie Steuererhöhungen wird sich das Hauptaugenmerk auf die Preisinflationierung richten. Die Aufblähung des
Nenners in der obigen Formel würde bei geringer steigenden Neuverschuldung automatisch zu einer geringeren Schuldenquote des Staates führen – nominal. Der Preis ist die Entwertung des
Papiergeldes und damit des Vermögens der Bürger.
Spanien ist das Zünglein an der Waage
Derzeit sieht sich die Eurozone jedoch mit einem Problem konfrontiert, das Europa und seine finanziellen Fazilitäten nicht
schultern können. Die Immobilienkrise in Spanien hat ein Ausmaß angenommen, das viele lokale Kreditinstitute nicht überleben werden. Aus der Immobilienblase ist eine ausgewachsene Bankenkrise
geworden, die ohne massive staatliche Eingriffe (Rekapitalisierung / Verstaatlichung) kaum lösbar ist. Damit aber wäre der staatliche Haushalt Spaniens endgültig ruiniert. Die katastrophalen
Zustände auf dem Arbeitsmarkt mit 25% Arbeitslosigkeit und -noch schlimmer- einer Jugendarbeitslosenquote von über 50% (bei den unter 25-Jährigen) geben keinen Anlass zur Hoffnung auf Besserung
der spanischen Volkswirtschaft. Jetzt rächt sich das Versäumnis der letzten Jahrzehnte, keine diversifizierte und wettbewerbsfähige Arbeitsmarktstruktur geschaffen zu haben. Eine
Zahlungsunfähigkeit des Schwergewichts Spaniens wäre das Ende der Eurozone.
Was bedeutet das für den Privatanleger?
Wir können uns nicht oft genug wiederholen: Festgeld, Spareinlagen und Staatsanleihen sind auf dem gegenwärtigen Zinsniveau
Vermögensvernichtung mit System, da der Realzins nach Steuern und
Inflation negativ ist. Nikolaus von Bomhard , der Vorstandsvorsitzende der Münchner Rück, hat seine Branche als Verlierer der
praktizierten EZB-Politik ausgemacht, da Versicherungen gezwungen sind, derartige Staatspapiere zu kaufen und aufgrund des (voraussichtlich noch lange Zeit) niedrigen Zinsniveaus nicht einmal die
garantierten Zinsen in den deutschen Lebensversicherungen verdienen.
Mit anderen Worten: Die klassische Altersvorsorge in Deutschland über die staatliche Renten-versicherung und private
Lebensversicherung im sog. Deckungsstock ist einem massiven realen Werteverfall ausgesetzt.
Für den zinsliebenden deutschen Anleger ist dringend ein Umdenken anzumahnen. Die schleichende Entwertung des deutschen
Sparvermögens hat längst begonnen. In derartigen Zeiten kann es keinen Sinn machen, Gläubiger von Papierforderungen an Banken oder Staaten zu sein. Der Anleger sollte eher heute als morgen vom
Gläubiger zum Besitzer werden.
Die Vermögensstruktur sollte zwingend einen hohen Anteil von Sachwerten aus unterschiedlichen Anlageklassen aufweisen, wie z.B.
Aktien und (gut gemanagtes) Private Equity, Immobilien, Edelmetalle, Rohstoffe und (Energie-)Infrastrukturinvestitionen.
Als Beispiel für sinnvolle Aktieninvestments möchte ich exemplarisch die Nestle-Aktie anführen, die als Klassiker der
Substanzwerte gilt. Das Unternehmen hat in den letzten 60 Jahren (bis auf drei Ausnahmen) jedes Jahr die Dividende erhöht. Die Chart-Aufzeichnung geht bis ins Jahr 1992 zurück und zeigt die
Wertentwicklung der letzten 20 Jahre. Der Aktienkurs hat sich in dieser Zeit versechsfacht. Die Dividendenzahlungen kommen noch dazu.
Gleichwohl ist es der Aktie in Krisenzeiten (siehe 2002 und 2008) nicht erspart geblieben, auch zwischenzeitliche Rücksetzer von
bis zu 40% hinzunehmen. Man darf derartige Investitionen nicht mit kurzfristigen Aktienspekulationen verwechseln. Aktieninvestments können jederzeit hohen Schwankungen ausgesetzt sein, aber für
langfristig orientierte Investoren gehören sie als Sachwert in jede vernünftige Anlagestrategie.
Um die weiteren Handlungsalternativen zu verdeutlichen, werden wir Sie in den nächsten Tagen über die Eckdaten und Kennziffern
der von uns geprüften und empfohlenen Sachwertanlagen und institutionellen Co-Investment-Möglichkeiten informieren, um die notwendige Gestaltung der Vermögensstruktur situationsgerecht weiter zu
optimieren.
Denn Sie wissen ja: "Erst wenn die Ebbe kommt, sieht
man, wer keine Hose anhat"
(frei nach Warren Buffet).
In diesem Sinne verbleibe ich mit herzlichem Gruß
Ulrich Heil